Dienstliche Beurteilung/Rechtsschutz

Welche rechtlichen Möglichkeiten bestehen, um gegen eine unzutreffende dienstliche Beurteilung rechtlich vorzugehen?


Handlungsoptionen bei nicht zufriedenstellender Beurteilung
Dienstliche Beurteilungen sind im öffentlichen Dienst für das berufliche Weiterkommen entscheidend. Sind Sie mit Ihrer dienstlichen Beurteilung nicht einverstanden, stellt sich die Frage, wie Sie am besten dagegen vorgehen können.


Zunächst sollten Sie immer das offene Gespräch mit Ihrem Beurteiler suchen und offen ansprechen, warum Sie sich ungerecht beurteilt fühlen. Versuchen Sie in diesem Gespräch, herauszufinden, welche Beweggründe und Sachverhalte Ihren Vorgesetzten zu seinem Werturteil geführt haben. Oft lassen sich bereits auf diesem Weg Missverständnisse ausräumen und eine Änderung der dienstlichen Beurteilung im Detail oder in der Gesamtnote erreichen.


Bleibt ein solches Gespräch ohne Erfolg, können Sie sich formlos gegen eine dienstliche Beurteilung wehren, indem Sie Ihre abweichende Auffassung in einer mündlichen oder schriftlichen Gegenvorstellung geltend machen. Darüber hinaus können Sie schriftlich eine Änderung der dienstlichen Beurteilung beantragen oder auch Dienstaufsichtsbeschwerde gegen den Beurteiler erheben.


Möchten Sie jedoch eine rechtserhebliche Entscheidung herbeiführen, können Sie gegen die dienstliche Beurteilung Widerspruch und evtl. auch Klage erheben.


Von Bedeutung kann auch Folgendes sein: Bewerben Sie sich um ein Beförderungsamt und unterliegen Sie in der Auswahl einem Mitbewerber, können Sie dagegen Konkurrentenklage erheben. In diesem Rahmen werden die dienstlichen Beurteilungen aller Bewerber – die eigenen wie die der Mitbewerber – automatisch auf ihre Rechtmäßigkeit hin überprüft, unabhängig davon, ob Sie gegen Ihre letzte Beurteilung Widerspruch oder Klage erhoben habe. Diese Inzidentüberprüfung kann aber auch zu Ihrem Nachteil ausgehen, wenn zum Beispiel Ihre im Vergleich bessere Beurteilung als fehlerhaft erachtet wird.


Widerspruch gegen eine dienstliche Beurteilung
Die dienstliche Beurteilung ist nach ständiger Rechtsprechung kein Verwaltungsakt.(1) Sie ist lediglich ein Hilfsmittel zur Vorbereitung einer Personalentscheidung. Dennoch können Sie mit Widerspruch und Klage gegen eine dienstliche Beurteilung vorgehen.


Im Bereich des Bundes ist nach § 126 Abs. 2 BBG vor allen Klagen aus dem Beamtenverhältnis ein Widerspruchsverfahren durchzuführen. Gleiches gilt für Landesbeamte nach § 54 Abs. 2 BeamtStG. Der Widerspruch kann unmittelbar gegen die dienstliche Beurteilung erhoben werden, das heißt, dass Sie zuvor nicht eine Abänderung der dienstlichen Beurteilung beantragt haben müssen und dieser Antrag abschlägig beschieden worden sein muss.(2) Der Widerspruch ist an keine Frist gebunden. Bei längerem Zuwarten können Sie Ihr jedoch Widerspruchsrecht verwirken, was – zieht man die Regelung des § 58 Abs. 2 VwGO für Verwaltungsakte ohne Rechtsbehelf heran – in der Regel nach 1 Jahr der Fall ist. Die Widerspruchsbehörde ist verpflichtet, die dienstliche Beurteilung einer uneingeschränkten Recht- und Zweckmäßigkeitsprüfung zu unterziehen.


Nach § 54 Abs. 2 S. 3 BeamtStG ist ein Widerspruchsverfahren nicht erforderlich, wenn ein Landesgesetz dies bestimmt. Aufgrund dieser Bestimmung haben mehrere Länder zumindest teilweise auf ein Widerspruchsverfahren in beamtenrechtlichen Angelegenheiten verzichtet. Hierzu gehört das Land Hessen nicht.


Beurteilungsklage
Bei abschlägigem Widerspruchsbescheid können Sie innerhalb einer Frist von 1 Monat nach Zustellung Klage vor dem Verwaltungsgericht erheben. Da die dienstliche Beurteilung kein Verwaltungsakt ist, ist die allgemeine Leistungsklage die richtige Klageart.


Im Wege einer Klage können Sie grundsätzlich keine bessere Beurteilung erstreiten. Mit der dienstlichen Beurteilung spricht Ihr Dienstherr nach den Kriterien des Art. 33 Abs. 2 GG ein Werturteil darüber aus, ob und inwieweit Sie den Anforderungen Ihres Amts und der Laufbahn entsprechen. Diese Bewertung gründet sich auf die Einschätzung der beurteilenden Person von Leistungen in bestimmten dienstlichen Situationen. Ein solches Werturteil kann ein Gericht nicht durch eine eigene Bewertung ersetzen.(3) Aufgrund der Ihrem Dienstherrn zustehenden Beurteilungsermächtigung sind dienstliche Beurteilungen nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nur beschränkt gerichtlich nachprüfbar.(4) Im Rahmen einer Beurteilungsklage kann eine dienstliche Beurteilung daher nur auf Beurteilungsfehler überprüft werden. Das Bundesverfassungsgericht hat diese beschränkte Rechtmäßigkeitskontrolle für verfassungsgemäß erklärt.(5)

 

Eine dienstliche Beurteilung kann also daraufhin überprüft werden, ob die beurteilende Person

 

  • den gesetzlichen Rahmen oder anzuwendende Begriffe verkannt hat,
  • von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist,
  • allgemeine Wertmaßstäbe nicht beachtet hat,
  • sachfremde Erwägungen angestellt hat oder
  • gegen Verfahrensvorschriften verstoßen hat.


Hat Ihr Dienstherr Richtlinien über die Erstellung dienstlicher Beurteilungen erlassen oder eine entsprechende Dienstvereinbarung abgeschlossen, sind Beurteiler nach dem Gleichheitssatz für Verfahren und Maßstäbe an die Regelungen der Richtlinie oder der Dienstvereinbarung gebunden. Das Gericht kann dann im Einzelfall kontrollieren, ob die Regelungen eingehalten wurden, ob sie sich im Rahmen der gesetzlichen Ermächtigung halten und ob sie auch sonst mit den gesetzlichen Vorschriften in Einklang stehen.(6)

 

Bei einer Beurteilungsklage muss der Klageantrag darauf gerichtet sein, die dienstliche Beurteilung aufzuheben und den Dienstherrn zu verpflichten, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts eine neue (fehlerfreie) dienstliche Beurteilung zu erteilen. Entspricht das Gericht wegen Fehlerhaftigkeit der dienstlichen Beurteilung diesem Antrag, kann dies am Ende möglicherweise dann doch zu einer besseren Beurteilung führen.

 

Rechtsschutz von Arbeitnehmern
Arbeitnehmer, die dienstlich beurteilt wurden, können vor den Arbeitsgerichten gegen die dienstliche Beurteilung Klage erheben. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sind die von den Verwaltungsgerichten entwickelten Grundsätze für die dienstliche Beurteilung von Beamten sinngemäß auf die dienstliche Beurteilung von Arbeitnehmern anzuwenden.(7) Das gilt auch für die eingeschränkte Rechtmäßigkeitskontrolle.(8) Eine dienstliche Beurteilung kann also nicht mit einem Zeugnis oder Zwischenzeugnis nach § 35 TVöD/TV-L verglichen werden. Nach dem Bundespersonalvertretungsgesetz (BPersVG) kann der Dienstherr nicht nur für Beamte, sondern auch für Arbeitnehmer Dienstvereinbarungen zur Beurteilung abschließen (§§ 75 Abs. 3 Nr. 9, § 76 Abs. 2 Nr. 3 BPersVG). Aus diesem Grund steht dem Personalrat auch ein Mitbestimmungsrecht beim Erlass von Beurteilungsrichtlinien zu.

 

 

(1) BVerwG vom 09.11.1967 – II C 107.64, Rn. 20 f., BVerwGE 28, 191

(2) BVerwG vom 28.06.2001 – 2 C 48/00, Rn. 13, BVerwGE 114, 350

(3) BVerfG vom 22.05.1975 – 2 BvL 13/73, BVerfGE 39, 334 (354)[tr1] 

(4) BVerwG vom 26.06.1980 – 2 C 8.78, Rn. 16, BVerwGE 60, 245

(5) BVerfG vom 29.05.2002 – 2 BvR 723/99, Rn. 14, DVBl 2002, 1203

(6) BVerwG vom 24.11.2005 – 2 C 34/04, Rn. 8, BVerwGE 124, 356

(7) BAG vom 24.01.2007 – 4 AZR 629/06, Rn. 49 ff., BAGE 121, 91

(8) BAG vom 18.08.2009 – 9 AZR 617/08, Rn. 33, BAGE 131, 367